Grundlagen zum Leistungsdreieck

Grundlagen zum Leistungsdreieck

# Gründe für Phasenverschiebungen In Wechselstromkreisen schwingen Strom und Spannung im Idealfall im Gleichtakt mit einer Frequenz von 50/60 Hz (Grundschwingung). Zwischen Strom und Spannung besteht kein zeitlicher Versatz, so dass sich ein Zustand einstellt, den man als phasengleich bezeichnet. Man spricht von einer Phasenverschiebung von Null Grad, die durch den Phasenwinkel φ beschrieben wird. Dieses Gleichgewicht wird jedoch durch bestimmte elektrische Komponenten beeinflusst. ![](images/71b470d9-d6f1-4c27-8cfe-345a5fb942fd-939ca085-4ba2-4954-996d-ead89ef7e99c.png)\ *Abbildung 1: Einfluss ohmscher, induktiver und kapazitiver Komponenten* Während ohmsche Bauelemente die Phasenlage nicht verändern, verändern induktive (Spulen, Drosseln) und kapazitive (Kondensatoren) Bauelemente als Stromwiderstände diese Harmonie. ## Induktive Komponenten Werden induktive Elemente direkt (als Spule) oder indirekt (z.B. in einem Motor, Transformator) in einen Stromkreis geschaltet und periodischen Stromänderungen unterworfen, so erzeugen sie ein Magnetfeld. Dieses Magnetfeld erzeugt eine Induktionsspannung, die im Moment der größten Stromänderung, dem Nulldurchgang des Stromes, ihr Maximum erreicht. An den Scheitelpunkten des Stromsignals ist die Änderung gleich Null, so dass dort keine Spannung erzeugt wird. Trägt man dieses Verhältnis über die Zeit auf, so stellt man fest, dass die Spannung dem Strom um eine Viertelperiode vorauseilt -- die Phase ist um +90° verschoben. ## Kapazitive Komponenten Werden hingegen kapazitive Elemente direkt (als Kondensator) oder indirekt (z.B. Zwischenkreise von Gleichrichtern) in den Stromkreis eingebracht, so führt der Stromfluss dazu, dass sich an den Kondensatorplatten Ladung aufbaut, die eine Spannung erzeugt. Diese Spannung ist erreicht ihr Maximum, bevor die Stromrichtung sich ändert und zu einer Umpolung des Kondensators führt. Beim Kondensator eilt die Spannung dem Strom um eine viertel Periode nach -- die Phase ist -90° verschoben.  # Fundamentale Leistungsbetrachtung Im Folgenden werden zunächst die grundlegenden Zusammenhänge betrachtet, wobei idealisiert nur die Grundschwingungsanteile (50/60Hz) betrachtet werden und von idealen Bedingungen ausgegangen wird, bei denen z.B. nur rein lineare Lasten vorliegen (Strom verhält sich linear). Die Gesamtleistung ergibt sich aus dem Produkt von Strom und Spannung. ## Wirkleistung P Berechnet man diese für jeden Punkt der dargestellten Strom- und Spannungsverläufe lässt sich erkennen, dass diese in Stromkreisen mit rein ohmschen Komponenten stets positiv ist und sich zwischen Null und ihrem Maximalwert synchron mit der Spannung und dem Strom auf- und abbaut. Die Leistung fließt mit dem Strom zum Verbraucher um dort eine Wirkung zu erzeugen -- sie wird daher auch als Wirkleistung bezeichnet. Die Wirkleistung wird mit dem Formelzeichen P gekennzeichnet und in der Einheit Watt (W) angegeben. ![A screenshot of a graph Description automatically generated](images/71b470d9-d6f1-4c27-8cfe-345a5fb942fd-222d8672-9402-4d7d-b4fe-7857a9259a30.png) *Abbildung 2: Wirkleistung und Blindleistung* ## Blindleistung Q Bei induktiven und kapazitiven Systemen verhält es sich dies aufgrund der Phasenverschiebung jedoch anders. Da die Leistung nur zum Aufbau elektromagnetischer Felder (Spule und Kondensator) verwendet wird, schwankt diese zwischen positiven und negativen Werten, die sich im Laufe der Zeit gegenseitig aufheben. Das Pendeln der Leistung beim Auf- und Abbau der elektrischen und magnetischen Felder wird als Blindleistung bezeichnet. Abgesehen von den Umwandlungsverlusten (in Form von Wärme) ist diese Leistung nicht nutzbar, bzw. kann mit ihr keine Wirkung mit dieser erzielt werden. Sie wird zur Unterscheidung von der Wirkleistung mit dem Formelzeichen Q symbolisiert in Volt-Ampere-Reactive (var) angegeben. ## Scheinleistung S Der ausschließliche Bezug von Wirk- oder Blindleistung kommt in der Praxis praktisch nie vor. Die Leitungen des elektrischen Netzes müssen daher sowohl Wirk- als auch Blindleistung transportieren und für die dabei auftretenden Ströme ausgelegt sein. Die gesamte transportierte Leistung wird als Scheinleistung bezeichnet. Sie wird in der Einheit Volt-Ampere (VA) angegeben und mit dem Formelzeichen S symbolisiert. ## Wirkfaktor Cos φ Der Wirkfaktor Cos φ beschreibt unter Nutzung des Phasenverschiebungswinkels φ das Verhältnis der Wirkleistung zur Scheinleistung. Die Beziehung zwischen Wirk-,  Blind- und Scheinleistung kann dabei in einem Leistungsdreieck visualisiert werden. Mithilfe dieses Leistungsdreiecks lassen sich  die verschiedenen Leistungswerte  einfach ineinander umrechnen.  ![](images/71b470d9-d6f1-4c27-8cfe-345a5fb942fd-981193cd-5dc5-4aa4-8c9f-4161632c1888.png) *Abbildung 3: Leistungsdreieck und Zusammenhänge bei fundamentaler Betrachtung* # Erweiterte Leistungsbetrachtung In der Realität treten jedoch nicht nur idealisierte sinusförmige Ströme und Spannungen auf, sondern diese sind in der Regel verzerrt. Die Verzerrung beruht auf der in der Realität nichtlinearen Stromentnahme der Verbraucher, z.B. zyklisches Nachladen eines Zwischenkreises, das nur eine kurze Stromspitze erzeugt. Die verzerrten Signale können mit Hilfe der mathematischen Funktion der Fourier-Transformation (FFT, DFT) in verschiedene Komponenten, Vielfache der Grundfrequenz, zerlegt werden. Neben den bereits bekannten Grundschwingungsanteilen (50 Hz) treten nun auch höherfrequente Frequenzanteile (150 Hz, 250 Hz,\...) als Vielfache der Grundfrequenz auf. Die folgende Abbildung zeigt vereinfacht die Zusammenhänge: ![](images/71b470d9-d6f1-4c27-8cfe-345a5fb942fd-e95709bd-9828-4a95-95cb-85efd5ff0726.png) *Abbildung 4: Verzerrte Signale erzeugen verzerrte Leistungen* Neben dem bekannten Grundschwingungsanteil der Leistung entsteht durch die höherfrequenten Anteile der Strom- und Spannungssignale auch ein höherfrequenter Anteil der Blindleistung. ## Deformationsblindleistung D und Verschiebungsblindleistung Q1 Diese wird als Verzerrungsblindleistung D bezeichnet, die Einheit ist ebenfalls Volt-Ampere-Reactive (var). Der Grundschwingungsanteil wird zur leichteren Unterscheidung auch als Fundamental- oder Verschiebungsblindleistung Q1 oder Q_fundamental bezeichnet. Die neuen Größen lassen sich im Leistungsdreieck als dritte Achse auftragen und in der Abbildung wie folgt ergänzen. ![A screenshot of a computer Description automatically generated](images/71b470d9-d6f1-4c27-8cfe-345a5fb942fd-1b28fc38-51d6-4bcb-b341-614a82248e63.png) *Abbildung 5: Verschiebungs- und Deformationsblindleistung* ## Leistungsfaktor λ Während bei rein sinusförmigen Signalen die Berechnung des Wirkfaktors Cos φ zum Rückschluss auf den Phasenverschiebungswinkel φ möglich ist, lässt sich diese Vereinfachung bei verzerrten Netzen nicht treffen. Grund hierfür liegt darin, dass jede Frequenzkomponente bzw. jedes Oberschwingungssignal eine individuelle Phasenlage hat -- zur Berechnung des resultierenden Winkels müsste deshalb vektoriell addiert werden. Zur Beschreibung des Verhältnisses von Wirkleistung zur Scheinleistung wird in verzerrten Netzen deshalb ein weiterer Wert, der Leistungsfaktor λ verwendet. Er schließt die höherfrequenten Anteile mit ein, vermeidet dabei aber die Angabe des Phasenwinkels φ, was zu falschen Annahmen führen könnte. Der Leistungsfaktor kann analog zur Leistung in einen Grundschwingungsanteil bzw. Fundamentalanteil PF_1 oder PF_Fundamental sowie in einen Deformationsanteil PF_D aufgeteilt werden. Der Fundamentalanteil (50/60hz) entspricht dem bereits bekannten Wirkfaktor Cos φ. # Leistungsdreieck Rechner Mit unserem Leistungsdreieck-Rechner können Sie im Folgenden die grundlegenden Zusammenhänge austesten: # Zusammenfassung Durch Induktivitäten und Kapazitäten kommt es zu einer Phasenverschiebung  zwischen Strom und Spannung. Abhängig von der Höhe der  Phasenverschiebung wird reine Wirkleistung, reine Blindleistung oder beides übertragen. Wirk-, Blind- und Scheinleistung lassen sich über den Wirkfaktor Cos φ bzw. PF_1 ineinander umrechnen. Nicht-Lineare Lasten, die keine lineare Stromaufnahme haben, erzeugen verzerrte Stromsignale die neben den Grundschwingungsanteilen auch höherfrequente Komponenten aufweisen. Diese lassen sich mit Hilfe der Fouriertransformation zerlegen. Die höherfrequenten Anteile werden bei der Leistungsberechnung als Deformations-Blindleistung Q_D, die Grundschwingungsanteile als Verschiebungsblindleistung Q1 bezeichnet. Der Leistungsfaktor λ wird hier verwendet um das Verhältnis von Wirkleistung zur Scheinleistung zu beschreiben. Die Kompensation von Blindleistung, insbesondere zur Korrektur des Power-Faktors ist eine der grundliegenden Aufgaben im Bereich der Power-Quality. Mehr zum Thema Blindleistungskompensation finden Sie in unserem Artikel: Methoden zur Leistungsfaktorkorrektur

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